Beweissicherung vor Baubeginn: Wer vorher nicht dokumentiert, zahlt später doppelt

Beweissicherung vor Baubeginn: Wer vorher nicht dokumentiert, zahlt später doppelt

Die Beweissicherung vor Baubeginn ist wichtig, um Fakten von Meinungen zu trennen. Das Festhalten des Zustands von Gebäuden oder der Umgebung, bevor das Bauvorhaben startet, kann sich später Diskussionen über Schuld, Schaden und Verantwortung sparen.

Warum wird eine Beweissicherung vor Baubeginn durchgeführt?

Die Beweissicherung vor Baubeginn ist dazu gedacht, den Zustand von umliegenden Gebäuden und die natürlichen Gegebenheiten festzuhalten. Sie sind wichtig für komplexere Bauvorhaben, angrenzende Gebäude oder wenn schwere Maschinen zum Einsatz kommen.

Gibt es später Streitigkeiten oder Unklarheiten, kann genau diese Beweissicherung dazu beitragen, herauszufinden, ob die Schäden schon vor Baubeginn vorhanden waren, oder erst durch die Bauarbeiten entstanden sind.  Das Vorgehen schützt nicht nur Auftragnehmer, sondern auch Auftraggeber und eventuelle betroffene Dritte.

Warum sollte die Beweissicherung im Bauvertrag geregelt werden?

Die Beweissicherung vor Baubeginn dient Bauherren, Auftragnehmern und Nachbarn zur Absicherung, z. B.:

  • Schutz vor ungerechtfertigten Haftungsansprüchen (z. B. Risse an Gebäuden)
  • Vermeidung kostspieliger Gerichtsverfahren durch klare Beweise
  • Klare Verantwortlichkeiten (ob Schäden vor oder nach Baubeginn entstanden sind)
  • Schutz angrenzender Bebauungen (z. B. bei Tiefbauarbeiten)

Führt ein unabhängiger Gutachter die Beweissicherung vor Baubeginn durch, hat diese vor Gericht Bestand und gilt als Beweis. Deshalb sollte die Art der Beweissicherung, die Kosten dafür und der Umfang im Bauvertrag geregelt sein.

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Rechtlicher Hinweis (VOB/B)
§ 3 Abs. 4 VOB/B: Vor Beginn der Arbeiten ist, soweit notwendig, der Zustand der Straßen und Geländeoberfläche, der Vorfluter und Vorflutleitungen, ferner der baulichen Anlagen im Baubereich in einer Niederschrift festzuhalten, die vom Auftraggeber und Auftragnehmer anzuerkennen ist.

Welche Bereiche müssen vor Baubeginn dokumentiert werden?

Es muss der Zustand des Baufelds, also der Fläche, die durch die Baumaßnahmen verändert wird, dokumentiert werden.  Zudem alle Bereiche, die durch die Baumaßnahmen beeinflusst werden könnten.

Außerdem ist eine Beweissicherung vor Baubeginn erforderlich, wenn …

  • fremde Flächen genutzt werden,
  • Erd- und Tiefbauarbeiten durchgeführt werden (inkl. Verbauarbeiten),
  • Wasserhaltungsarbeiten notwendig sind,
  • Neubauten neben Bestandsgebäuden entstehen,
  • Nachbarbebauungen aus Mauerwerk und Altbauten bestehen,
  • Schäden an umliegenden Bauwerken oder Leistungen von Vorgewerken möglich sind,
  • An- und Abfahrtswege (LKW-Zulieferer) notwendig sind.

Wie sollte die Fotodokumentation der Beweissicherung erfolgen?

Natürlich steht und fällt die Beweissicherung mit der Qualität der Dokumentation. Das bedeutet, die Fotodokumentation muss zeitnah vor Baubeginn erfolgen.  Sie muss genau erklärt und eindeutig zuordenbar sein (Ort, Stelle, Fläche, Bau etc.).

Werden die Bilder ohne genaue Erklärung zu Ort und Richtung der Aufnahme gespeichert, lässt sich der Ausgangszustand später oft nicht mehr genau zuordnen.  Deshalb sollte die Fotodokumentation immer mit dem Plan des Baufelds verknüpft werden,

  • auf dem der Standort der Kamera,
  • deren Blickrichtung,
  • und die Zuordnung der einzelnen Fotos genau beschrieben sind.

So bleibt auch später noch klar erkennbar, wie es vor Baubeginn ausgesehen hat – selbst dann, wenn sich das Gelände oder benachbarte Gebäude durch die Bauarbeiten bereits verändert haben und der ursprüngliche Zustand nicht mehr zu sehen ist.

Wann ist ein externer Gutachter für die Beweissicherung erforderlich?

Wenn es um ein Bauvorhaben geht, bei dem es

  • besondere geotechnische Rahmenbedingungen gibt (schwierige Bodenverhältnisse), oder um schützenswerten Baubestand,
  • angrenzender bestehender Bebauung
  • oder wenn bereits im Vorfeld Konflikte zu erwarten sind,

kann es von Vorteil sein, einen externen Gutachter für die Beweissicherung vor Baubeginn zu beauftragen. Sein Gutachten ist neutral und hat auch vor Gericht Bestand.

Hier sollte jedoch darauf geachtet werden, dass der externe Gutachter frühzeitig beauftragt wird, damit das Gutachten vor Baubeginn vorliegt. So kann es geprüft und mit dem Auftraggeber abgestimmt werden.

Welche Arten der Beweissicherung stehen in der Baupraxis zur Verfügung?

In der Praxis gibt es drei Arten der Beweissicherung: das gerichtliche selbstständige Beweisverfahren, das Schiedsgutachten und das Parteigutachten.

Von den dreien ist das gerichtliche selbstständige Beweisverfahren das rechtlich verbindlichste. Es hat allerdings den Nachteil, dass es sehr zeit- und kostenintensiv ist.

Will man sich Zeit und Gerichtskosten sparen, hat sich das Schiedsgutachten als praktische Alternative bewährt. Es wird von allen Beteiligten gemeinsam vereinbart und gilt dann als verbindlich.

Die dritte Art ist das Parteigutachten. Dieses wird einseitig beauftragt, ist nicht verbindlich und hat nur den Stellenwert einer eigenen Dokumentation.

Welche Art der Beweissicherung ist am sinnvollsten?

Von den drei Varianten ist das gerichtliche selbstständige Beweisverfahren rechtlich am verbindlichsten, aber auch zeit- und kostenintensiv. Das Schiedsgutachten hat sich in der Praxis als Alternative bewährt: Es wird von allen Beteiligten gemeinsam vereinbart und gilt dann als verbindlich.

Klare fachliche Empfehlung
Für Bauherren, Bauleiter und Generalunternehmer:
Das Schiedsgutachten, da es verbindlich ist – ohne den Aufwand eines Gerichtsverfahrens.

Wie sollten betroffene Nachbarn und Eigentümer eingebunden werden?

Betroffene Nachbarn, Eigentümer, Mieter oder Nutzer sollten rechtzeitig über den geplanten Termin der Beweissicherung vor Baubeginn informiert werden.

Zum einen ist dieses Vorgehen Bestandteil einer ordnungsgemäßen Zustandsfeststellung, zum anderen fühlen sich die Betroffenen und Beteiligten ernst genommen. So können Missverständnisse und spätere Konflikte häufig vermieden werden.

Baumaßnahmen sind mit Unannehmlichkeiten für die Nachbarschaft verbunden. Deshalb kann die zusätzliche persönliche Ansprache der Personen sinnvoll sein.

In einem persönlichen Gespräch können Fragen unmittelbar beantwortet und Sorgen sowie Missverständnisse ausgeräumt werden.

Praxisvorteil:

  • leichtere Abstimmung,
  • Bereitschaft zum Mitwirken,
  • Unterstützung einer reibungslosen Beweissicherung.

Für den Fall, dass der Zutritt zu Häusern oder Wohnungen verweigert wird, muss auch das protokolliert werden.

Es muss festgehalten werden,

  • dass Vorschäden
  • und der bauliche Zustand
  • durch „Max Mustermann“ (Name der Person, die den Zutritt verweigert hat)
  • nicht festgestellt und dokumentiert werden konnte.

Das Protokoll über die Zutrittsverweigerung muss von zwei Personen unterschrieben werden.

Warum ist die Archivierung der Beweissicherung von langfristiger Bedeutung?

Muss die Beweissicherung vom Bauleiter aufbewahrt werden?

Ja, das Gutachten und sämtliche Unterlagen der Beweissicherung sind unabhängig davon, wer sie in Auftrag gegeben oder erstellt hat, durch den Bauleiter aufzubewahren. Auch nach Projektabschluss kann die Beweissicherung von Bedeutung sein, etwa bei späteren Auseinandersetzungen oder Gewährleistungsfragen.

Fazit

Richtig umgesetzt schafft die Beweissicherung vor Baubeginn Klarheit, reduziert Konflikte und trägt wesentlich dazu bei, Bauprojekte sachlich und geordnet umzusetzen.

FAQ zur Beweissicherung vor Baubeginn

Reicht die Dokumentation des Bauleiters – oder ist ein externer Gutachter notwendig?

Handelt es sich um ein Bauvorhaben, bei dem das Risiko für spätere Diskussionen über Schäden und Verantwortlichkeit besteht, ist ein externer Gutachter von Vorteil, da sein neutrales Gutachten auch vor Gericht Bestand hat.

Was muss bei der Beweissicherung vor Baubeginn dokumentiert werden?
Alles, was durch die Bauarbeiten oder eingesetzten Maschinen beeinflusst wird und bei späteren Diskussionen relevant sein kann.

Wie detailliert muss die Fotodokumentation sein, um im Streitfall Bestand zu haben?
Entscheidend ist nicht die Anzahl der Fotos, sondern deren eindeutige Zuordenbarkeit und Nachvollziehbarkeit
(z. B. Standort und Blickrichtung der Kamera bei der Fotodokumentation).

Haftet der Bauleiter, wenn er die Beweissicherung selbst durchführt?
Führt der Bauleiter die Beweissicherung im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit selbst durch, haftet grundsätzlich der Auftragnehmer.
Eine persönliche Haftung des Bauleiters kann bei schuldhafter Pflichtverletzung jedoch nicht ausgeschlossen werden.

Welche Art der Beweissicherung vor Baubeginn ist am sinnvollsten?
In den meisten Fällen ist das Schiedsgutachten die sinnvollste Form der Beweissicherung vor Baubeginn.

Können wir Sie bei diesem Thema unterstützen? Kontaktieren Sie uns gerne.

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