Freihändige Vergabe nach VOB – alles, was Sie dazu wissen müssen

Jedes Bauprojekt benötigt hieb- und stichfeste Bauverträge. Diese gehen in Deutschland auf zwei Rechtsgrundlagen zurück. Bei gewöhnlichen privaten Bauprojekten wird meist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) zur Grundlage. Private Großprojekte und alle öffentlichen Bauvorhaben nutzen dagegen die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB).

Die VOB stammt nicht direkt vom Gesetzgeber, sondern wurde vom Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) entwickelt und erhält vom DVA ebenso laufend Aktualisierungen. Sie bildet ein Regelwerk, das inzwischen Gesetzescharakter erlangt hat.

Für öffentliche Bauherren ist die Nutzung der VOB deswegen sogar verpflichtend. Private wählen sie als Grundlage bei Großprojekten häufig, weil die VOB aktuellere, praxisnähere und weitreichendere Lösungen oder Regelungen bietet als das Bürgerliche Gesetzbuch. Dann sind jedoch auch die Vergaberegelungen der VOB zu beachten.

Regelungen zur Freihändigen Vergabe und anderen Verfahren finden Sie im Abschnitt VOB/A

Mit ihren Vergaberichtlinien für Bauleistungen will die VOB Nachvollziehbarkeit bei der Vergabe von Bauprojekten schaffen. Diese Transparenz wird besonders bei öffentlichen Projekten wichtig, weswegen die VOB in diesem Bereich auch bindend ist. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen schafft dafür in drei Abschnitten eine klare Basis:

  • in der VOB/A mit allgemeinen Vergabestimmungen für Bauleistungen
  • mit der VOB/B für allgemeine Vertragsbedingungen zur Ausführung von Bauleistungen und
  • in der VOB/C mit allgemeinen, technischen Vertragsregelungen für Bauleistungen

VOB/A: EU-weite oder nationale Ausschreibungen und die Freihändige Vergabe

Der Teil A der VOB teilt sich noch einmal in drei Abschnitte auf:

  • Abschnitt 1 enthält die Basisparagrafen für die Vergabe nationaler Bauprojekte. Nur hier ist die Freihändige Vergabe neben anderen Vergabearten ausdrücklich aufgeführt.
  • Der zweite Abschnitt (VOB/A-EU) für EU-weite Ausschreibungen nennt sie nicht mehr.
  • Ebenso fehlt die Freihändige Vergabe im dritten Abschnitt (VOB/A-VS), der sich ausschließlich mit Projekten in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung beschäftigt.

Freihändige Vergabe und mehr: Die verschiedenen Vergabearten

Konkret nennt die VOB in VOB/A Abschnitt 1 §3 die Freihändige Vergabe als eine von drei erlaubten Arten der Vergabe:

  1. Öffentliche Ausschreibungen nach vorgeschriebenem Verfahren als Aufforderung für beliebige Unternehmen zur Angebotsabgabe
  2. Beschränkte Ausschreibungen – in der Regel mit Teilnahmewettbewerb – für Projekte mit Volumina unterhalb der sogenannten EU-Schwellenwerte
  3. Freihändige Vergabe als vereinfachtes Verfahren

Freihändige Vergabe

Das sind die Zulassungsvoraussetzungen für die Freihändige Vergabe

Eine Freihändige Vergabe erhält von der VOB immer dann eine Erlaubnis, wenn beschränkte oder öffentliche Ausschreibungen sich als unzweckmäßig erweisen. Bei der Definition der Unzweckmäßigkeit gibt es nur wenig Ermessensspielraum, sondern klare Kriterien:

  • Für die Erbringung der Bauleistung kommt aus besonderen Gründen wie spezieller Erfahrung oder Patentschutz nur ein Unternehmen infrage.
  • Die Zeit drängt und ein Ausschreibungsverfahren würde zu lange dauern.
  • Eine Leistung lässt sich nicht eindeutig genug beschreiben und bei einer Ausschreibung wären deswegen nicht genügend Angebote zu erwarten.
  • Nach einer aufgehobenen Ausschreibung verspricht eine erneute Ausschreibung nicht genügend Angebote.

Als weitere Voraussetzungen können Geheimhaltung oder ein kleiner Umfang einer Teilleistung im Rahmen einer bereits vergebenen größeren Leistung gelten. Der Umfang oder der finanzielle Wert bedeutet parallel immer eine weitere wichtige Zulassungsvoraussetzung für die Freihändige Vergabe.

Freihändige Vergabe: Auf den Auftragswert achten

Die ersten Zulassungskriterien deuten es bereits an. Eine Freihändige Vergabe kann und soll immer dann ins Spiel kommen, wenn die beiden anderen zentralen Vergabeverfahren unpraktisch oder unverhältnismäßig wären. Die VOB sieht die Freihändige Vergabe vor, um kleinere Bauleistungen oder Teilleistungen nicht unnötig zu bürokratisieren.

Um die Definition solcher Leistungen noch etwas mehr zu konkretisieren, greift die VOB zusätzlich auf einen monetären Schwellenwert zurück. Dieser liegt bei 10.000 Euro netto. Alle Bundesländer und Kommunen besitzen aber auch die Möglichkeit, diesen Wert mit oder ohne zeitliche Beschränkung noch einmal zu erhöhen.

Vor jeder Vergabe: Finanziellen Umfang des Projekts bestimmen

In einem ersten Schritt ist das Bauvorhaben genau zu beschreiben, zu planen und zu kalkulieren. Für große Projekte ergeben sich dann automatisch die Voraussetzungen für beschränkte oder öffentliche Ausschreibungen.

Kleine Bauvorhaben, Projektteile, Reparaturen oder Sanierungen können sich jedoch unterhalb des VOB-Schwellenwerts oder regionaler Schwellenwerte bewegen. Dann öffnet sich die Option zur einfachen Freihändigen Vergabe.

So läuft die Freihändige Vergabe konkret ab

Auch die Freihändige Vergabe beinhaltet einen gewissen Wettbewerb. Es sind immer mehrere Unternehmen anzusprechen. Eine allgemein anerkannte Leitlinie fordert die Ansprache von mindestens drei Unternehmen. Um diese konkret zu bestimmen, kann ein Teilnahmewettbewerb sinnvoll sein, muss aber nicht vorgeschaltet werden.

Mit oder ohne Wettbewerb erhalten die ausgewählten Unternehmen eine Anfrage mit Auftragsbeschreibung und der Aufforderung, dazu ein Angebot abzugeben. Dabei sind Verhandlungen zu Preisen und Leistungen möglich, bevor am Ende alle Angebote verglichen werden und ein Unternehmen den Zuschlag erhält.

Erfüllt keines der Angebote die Ansprüche der Auftraggeber, bleibt die Möglichkeit des Versuchs einer neuen Freihändigen Vergabe.

Herausforderungen bei der Freihändigen Vergabe

Die umfassende Beschreibung eines geplanten Bauvorhabens stellt immer einen wesentlichen Aspekt für die Vergabe von Projekten dar. Lücken in der Beschreibung machen ansonsten spätere Anpassungen erforderlich oder führen zu Missverständnissen und anderen Problemen.

Bei der Freihändigen Vergabe lösen solche Lücken unter Umständen grundsätzliche Zweifel an der Wahl des Vergabeverfahrens aus. Um das Freihändige Vergabeverfahren zu begründen, ist deswegen immer eine lückenlose Projektbeschreibung und -dokumentation erforderlich.

Damit erfüllt die Freihändige Vergabe längst nicht mehr die Kriterien eines formlosen Verfahrens, als welches sie oft beschrieben wird. Die Zulassungsvoraussetzungen liegen zwar deutlich unter denen der gewöhnlichen Ausschreibungen, aber am Ende gilt es auch bei der Freihändigen Vergabe immer, noch ein paar Vorgaben zu erfüllen.

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Freihändige Vergabe und Verhandlungsvergabe

Mit der Einführung der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) erhielt die VOB im Abschnitt VOB/A vor einigen Jahren eine Korrektur für zahlreiche Bauprojekte. Durch sie sollten auch größere Bauleistungen und -projekte bis zu gewissen Auftragswerten – den EU-Schwellenwerten, die sich teils im Millionenbereich bewegen – entbürokratisiert werden.

Durch diese neue Regelung wurde die Freihändige Vergabe begrifflich durch die Verhandlungsvergabe ersetzt. Der neue Begriff soll unterstreichen, dass es sich hier genauso um ein wettbewerbliches Verfahren handelt wie bei den anderen Ausschreibungsvarianten. Ansonsten hat sich nichts geändert.

Es gilt weiterhin der pauschale Schwellenwert von 10.000 Euro für Freihändige Vergaben oder Verhandlungsvergaben von ganzen Bauleistungen. Ergänzend ist die Freihändige Vergabe ebenso für einzelne Liefer- und Dienstleistungen auch bei Beträgen bis zu 20.000 Euro netto erlaubt.

Zusammengefasst

Ob Freihändige Vergabe oder Verhandlungsvergabe: Die Vergabe von Bauaufträgen braucht weiterhin nicht immer gleich eine komplizierte Ausschreibung. Doch auch abseits solcher Ausschreibungen wartet nicht einfach ein formloses Verfahren. Es sind einige Voraussetzungen zu erfüllen und Eckdaten zu dokumentieren, um die Wahl der Freihändigen Vergabe hundertprozentig abzusichern.

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